Single & frei, aber wie frei ist man wirklich?
Single & frei, aber wie frei ist man wirklich?
Zwei Singles, aufgewachsen auf verschiedenen Kontinenten. Miguel im konservativen Ecuador und ich in Deutschland, der Weg zu sich selbst und der Freiheit, auch wenn wir uns nicht kennen, durchkreuzen unser Leben gewisse Parallelen. Besonders amüsant, er hat sich meine Initialen JSB – Julia Susanne Beyer tätowiert, vielleicht meinte er auch Johann Sebastian Bach …
Wie ein Luftballon schweben wir durch die Lüfte, auf der Suche nach mehr Abenteuern, mehr Leben und zu entdecken. Das ist die Theorie, die Realität sieht etwas anders aus. Wie frei sind wir wirklich als Single und in der Liebe? Viele möchten grenzenlose Liebe, aber sobald wir jemanden kennenlernen, setzen wir gaaaaaanz viele Grenzen. Am besten trifft sich jemand nicht mehr mit anderen, denn wer möchte nicht THE ONLY ONE sein! Es gibt einem ein Gefühl von Sicherheit, dass jemand in der Kennenlernphase nicht jemand besseres findet.
Früher hatte ich damit auch Probleme, jede Frau war sozusagen eine potentielle Gefahr, lach. Jetzt sieht das Ganze etwas anders aus. Heute denke ich mir, je mehr Frauen jemand trifft, wird er feststellen, sie ist nicht wie ich. MEGA GROSSES EGO, ich weiß. Nein, versteht mich nicht falsch, ich muss niemanden von mir überzeugen, jemand der sich nicht für mich interessiert, den finde ich auch nicht interessant. In der Tat reizen mich nur noch Männer, die mir gewisse Avancen entgegenbringen.
Single und die Freiheit
Single und die Freiheit
Als Single kann man machen und tun, was man will, dieses bezeichnen viele als FREIHEIT. Das ist aber nur ein kleiner Teil von vielen Möglichkeiten frei zu sein. Es gibt Dinge, welche uns einengen, manchmal sind es nur Gedanken, die schwer auf einem lasten. Geprägte Werte und Ideale, die einen daran hindern man selbst zu sein, weil man sie nie hinterfragt hat. Wie auch bei Miguel sorgte ein großer Knall bei mir für Veränderungen oder anders formuliert, man ändert erst etwas, wenn der Leidensdruck so stark ist und man ihn nicht mehr aushält. Bei mir kam dieser Moment vor vier Jahren, nachdem ich feststellte, das gewisse gesellschaftliche Normen mir die Luft zum Atmen nahmen. Gerade als Single hat man eine gewisse Freiheit sich Gedanken um Dinge zu machen, ohne dabei von jemand anderem beeinflusst zu werden. Ich setzte mich intensiv aufgrund damaliger aktueller Ereignisse mit dem Thema Fremdgehen auseinander. Warum belügt und betrügt jemand den anderen?
Auf die Standard-Antworten möchte ich jetzt nicht eingehen, die kennt man ja. Eine Aussage von ihm: „Ich wollte dir nicht weh tun.“ Das ehrt ihn, allerdings hatte das nicht wirklich den gewünschten Effekt – es tat so so so sooooo weh! Wenn man nichts sagt, um einem anderen Menschen NICHT weh zu tun, dann tut man zwei Menschen weh! Sicherlich könnte man an dieser Stelle jetzt sagen, dann soll man nicht betrügen, aber wir können Dinge nicht ausblenden und hoffen, dass sie einem nicht widerfahren, dann ist man in der Tat ziemlich unbewaffnet und es reißt einem die Füße weg. Von wegen man steht mit beiden Beinen im Leben, man ertrinkt innerlich. Also mache ich mir Gedanken, hinterfrage und finde meinen eigenen Weg und erarbeite mir ein neues Mindset. Enttäuschungen machen einen stärker, demnach bin icht jetzt unbesiegbar.
Das Problem mit der sexuellen Treue
Das Problem mit der sexuellen Treue
Es gibt diese festverankerten Glaubenssätze. – Wenn eine Beziehung gut läuft, dann geht auch keiner fremd oder will mit einer anderen Person intim werden. Sorry, das stimmt so nicht. Am Anfang, dank spezieller Hormone hat man in der Tat nur Augen für den Partner, aber die halten höchstens zwei Jahre an, danach kommt der Alltag und in unserem Leben begegnen wir immer wieder tollen Menschen.
Das Problem ist nicht das Fremdgehen, sondern die gesellschaftliche Erwartung an die sexuelle Treue. Sexuelle Treue ist viel mehr eine Entscheidung, als ein Versprechen! Denn das Problem bei Versprechen ist nach wie vor, sich daran zu halten.
Bei einer Entscheidung fällt das einem viel leichter, denn man will es selbst und nicht der Partner, der es von einem erwartet. Bei einer Entscheidung hingegen werden die Karten immer wieder neu gemischt, weswegen viele auf das Versprechen hoffen, weil dieses ja quasi in Stein gemeißelt ist und für immer, immer, immer gilt und wehe wenn nicht. Eins kann ich versprechen, Versprechen werden öfters gebrochen und Entscheidungen immer wieder umgeändert, also eine Garantie gibt es nie.
Denn ein Partner ist kein Besitz über den man verwalten kann. Leider, ich weiß. Von wegen, ich habe es angeleckt, ist meins und Stempel drauf. So funktionieren zwischenmenschliche Beziehungen nicht. Ohne anständige KOMMUNIKATION klappt das nicht mit der „Treue“, man sollte immer wieder neu gemeinsam entscheiden, welchen Weg man gehen möchte und falls mal jemand sich sexuell anderswo austoben möchte, dann ist nicht die Beziehung unbedingt in einer Krise, sondern jemand ist so offen, seine sexuellen Wünsche zu äußern. Ich möchte definitiv die Partnerin sein, mit der man über alles reden kann, ohne dass man jemand verurteilt. Weil ich festgestellt habe, Ehrlichkeit ist wahrscheinlicher, wenn man sich gegenseitig Raum für im ersten Moment unangenehme Wahrheiten gibt. Ich denke, dass wenn man das Thema Untreue anders behandelt und differenziert, könnten daran viele Beziehungen mehr wachsen als zerbrechen und sich trotzdem gut anfühlen.
Freundschaft Plus
Freundschaft Plus
Auch ein Thema über welches ich hin und wieder philosophiere. Macht das Ganze wirklich Sinn? Zugegeben mein Wissen beschränkt sich mehr auf den Klassiker AFFÄRE, man lernt jemand Neues kennen, trifft sich, rein, raus Mickey Maus und danach gehts wieder nach Haus. Ich sage mal so, das kann sicherlich gut funktionieren, wenn man sich einig ist, dass man neben gemeinsam Rumhängen auch miteinander schläft oder sich wie Miguel sexuell neu entdeckt. Es ist immer einfacher mit Freunden auf Swingerpartys zu gehen, als wenn es das erste Date ist. In der Tat wollte mich jemand zum ersten Date in einen Swingerclub einladen. Auch wenn ich sehr offen eingestellt bin, war ich damit etwas überfordert.
Meine Freundschaft Plus würde sich wohl auf Spielekonsolen zocken, gemeinsam Fußball gucken und anschließend Übereinanderherfallen beschränken, allerdings habe ich gar keinen Freund. Es wäre auf jeden Fall mal eine neue Erfahrung sich nicht zu fragen: Will ich eine Beziehung mit ihm oder nicht? Das wäre noch eine weitere Optionen zwischen JA und NEIN. Wer hat schon Erfahrungen mit dem Thema gemacht? Geht das, ohne sich dabei zu verlieben und wie offen ist man zueinander, erzählt man sich von anderen, die man trifft? Das würde mich interessieren.
Offene Beziehung
Offene Beziehung
Das Konzept ist eigentlich gar nicht so neu, die wilden Siebziger waren da wohl der Vorreiter. Es war ein Ausbruch von der gesellschaftlich stigmatisierten Beziehung zwischen Paaren, freie Liebe nannte es sich damals. Fast fünfzig Jahre später ist daraus ein neues Beziehungskonzept geworden.
Warum nicht, wobei Paare die swingen da nochmal unterscheiden, denn auch wenn man mit anderen gemeinsam schläft, kann man nicht wie in einer offenen Beziehung machen, was man will. Ich denke, jedes Paar hat da seine eigenen Regeln. Das Wichtigste in einer Beziehung ist, dass es sich gut anfühlt und zwar für das Paar und nicht für andere. Immer wieder gibt es negative Stimmen, dass sei keine richtige Beziehung, die können sich ja gar nicht lieben, wenn eine Beziehung gut ist, dann will man auch keinen anderen usw. …
Nun ja, wenn andere der Meinung sind, etwas sei nicht möglich, dann ist das eine Reflexion deren Grenzen, aber nicht der Paare, welche eine offene Beziehung leben. Die höchste Stufe der Freiheit hat man dann erreicht, wenn es einem egal ist, was andere über einen denken.
Ich selber hatte eine offene Beziehung, nur wusste ich das nicht! Also wenn, dann möchte ich schon gerne darüber Bescheid wissen. Was ich an offenen Beziehungen bewundere, ist die Ehrlichkeit zueinander und die geteilte Liebe ohne Eifersuchtsdramen und Besitzanspruch. Ein Modell für mich für die Zukunft, mmm, denke ich eher nicht, ich habe schon zu viel um die Ohren mit einem Mann, allerdings eine zweite Frau würde mir wieder etwas Arbeit abnehmen. Die Angst hindert uns oft, Dinge mit anderen Augen zu sehen, allerdings sind viele Ängste mehr irrational.
Der Wunsch nach Freiheit
Der Wunsch nach Freiheit
Egal wie offen man denkt zu sein, es gibt immer jemand, der noch offener ist, zumindest ist mir Miguel da ein paar Schritte voraus. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn mich ein so offener Mensch direkt anspricht. Er macht Komplimente, nicht weil er sich etwas erhofft, sondern weil er es so meint. Die Angst, jemanden direkt anzusprechen, weil die Person einem gefällt, hat er überwunden, ich bin noch dabei, hatte letztens gerade wieder so einen Moment. Wer jetzt neugierig auf Miguel geworden ist: im Video erfahrt ihr mehr über ihn und schaut es bis zum Ende, am Anfang dachte ich auch erst – AHA und später dann ahaaaa ;)
Der Wunsch nach Freiheit, lässt unser Herz fliegen lernen und Bruchlandungen gehören dazu,
Hi Julia,
danke für deinen Artikel und deine Art alles zu reflektieren. Was ich aus dieser ganzen Geschichte herauslese, ist dass du weisst, dass du nichts weisst… Also was gut für dich ist oder was du wirklich willst meine ich. Ob jetzt oder in ein paar Jahren – du bist dir überhaupt nicht im Klaren, was du eigentlich möchtest, oder? Hab ich das richtig verstanden?
Bzgl. deiner eigenen Erfahrungen in Sachen Liebe… Ich hab beides schon durchlaufen. Ich war Bertrogene und Betrügerin (nennt man das so?) und ehrlich gesagt hat mich Letzteres weitaus mehr mitgenommen (was nicht heissen soll, das Ersteres nicht verdammt wehgetan hat).
Bei meinem eigenen Seitensprung ging es sogar so weit, dass ich ein Buch über meine Geschichte geschrieben habe (- ich schätze eine Form der Selbsttherapie…) und zu der Entscheidung gekommen bin, dass eigentlich alles, was ich bisher von Beziehungen und Liebe wusste oder glaubte zu wissen, völlig verkehrt war. Ich habe angefangen, mir die selben Fragen zu stellen wie du, habe plötzlich sämtliche klassischen Modelle hinterfragt und wusste eigentlich gar nicht mehr, was ich wollte… Offene Beziehungen, Friends with Benefits, und und und…
Alles wirklich ganz tolle Modelle, die solange funktionieren, bis man selbst betroffen ist. Sobald Gefühle im Spiel sind, wird das Ganze nämlich wieder schwierig und die objektiv ganz tollen Beziehungsmodelle werden subjektiv ehrlich gesagt ganz schön schei…*** . Ich war immer für mein Leben gern Single, hab getan und gelassen was ich wollte, ohne in irgendeiner Form Rücksicht nehmen zu m¨ssen und mir ging es fantastisch dabei. Bis ich feststellen musste, dass es passiert war. Ich hatte mich verliebt. Verdammt! Was ich damit sagen möchte ist, dass man es manchmal einfach nicht beeinflussen kann. Ob Single oder vergeben, ob offene Beziehung oder auch geschlossenes Modell mit Gütesiegel, Trauschein und Co. – jeder muss für sich selbst entscheiden, was für ihn wirklich funktioniert und was nicht. Aber eins steht fest: Es ist weitaus mutiger sich auf eine Person einzulassen, sich wirklich auf sie zu konzentrieren und alle anderen Leckerbissen da draussen mal links liegen zu lassen. Denn in dem Moment, in dem du dich auf eine einzige Person konzentrierst, bist du wesentlich verletzlicher als wenn du deine Gunst gerecht auf mehrere Personen verteilst und im Zweifel noch nach dem Sicherheitsanker greifen kannst, wenn dir einer deiner Liebsten wehtut…
Viele liebe Grüsse aus Madrid
Deine Cindy
Hallo liebe Cindy,
etwas verspätet, zu Deiner Frage ob ich weiß was ich will … Ich weiß, was ich nicht will. Ich lasse mich da lieber treiben und mache keine konkreten Pläne, ich gucke was sich gut anfühlt für mich und ob es Sinn macht, das so weiter zumachen. Was ich aber besonders interessant finde ist Deine These: „Es ist weitaus mutiger sich auf eine Person einzulassen und alle anderen links liegen zu lassen.“ Welche anderen??? Die Option Single und alleine glücklich, sprich ohne Potentiellen Kandidaten für was auch immer, kommt gar nicht vor. Und das ist bei mir eher der Fall. Ich konzentriere mich derzeitig nur auf eine Person, nämlich mich, sprich Selbstliebe, Selbstfürsorge etc. Uhhh, da ist man wesentlich verletzlicher, weil man quasi alleine dasteht und so nichts und niemanden zum Auffangen hat, außer sich selbst. Meine Bestätigung meiner Person suche ich im Innen und nicht im Außen, sprich kein Sicherheitsanker auch nur Ansatzweise in der Nähe. Wenn ich dann mal jemanden kennenlerne, dann gibt es auch nur den einen, für den es schon sehr viel Bemühungen kostet ihn zeitlich zu integrieren. Und dann stellt sich halt heraus, ob es mehr wird oder nicht. Letztes Jahr hatte ich ganz genau drei Dates, also mehr ich als sonst jemand, der mich auffängt ;) Liebe Grüße Julia